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Karl May Festspiele Bad Segeberg
- Details
- Kategorie: Veranstaltungen
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Die Karl May Festspiele finden im großen Freilichttheater am Segeberger Kalkberg statt, das Amphitheater fasst bis zu 7.500 Zuschauer und verfügt über eine von den Kalkfelsen gerahmte Naturbühne. Bühnentechnik und Aufbau ändern sich von Saison zu Saison geringfügig, um dem jeweiligen Stück angepasst zu werden, die beiden großen Rampen links und rechts sind über einen Umlauf etwa in der Mitte der Ränge verbunden, die Darsteller reiten in einigen Szenen also quasi mitten durch das Publikum (siehe Bildergalerie unten). Für eine solche Art Aufführung ist diese Bühne ideal konzipiert. Besonders hervorzuheben ist die Leistung der Regie, deren Aufgabe es ist, auf einer vergleichsweise kleinen Bühnenlandschaft viele verschiedene Locations der Stücke darzustellen, ohne dass dies langweilig bzw. zu arg gekünstelt wirkt. Außerhalb der Festspielsaison finden hier Konzerte und andere Veranstaltungen statt.
In den frühen Fünfziger Jahren wurde im Rat der Stadt Bad Segeberg beschlossen, das Stadion am Kalkberg besser zu nutzen, und so wurde die Idee geboren, hier die "Karl-May-Spiele" zu veranstalten, zumal in dieser Zeit des kalten Krieges der Stoff von Karl May in seiner Heimatregion (Radebeul, Sachsen) verpönt war. Was zunächst noch von den Bürgern der Stadt regional organisiert und improvisiert wurde, ist heute, mehr als fünfzig Jahre später, ein Multimillionen-Euro-Unternehmen. Während die ersten Inszenierung unter Zuhilfenahme von Ackergäulen und selbstgenähten Kostümen mit einen Budget von 25.000 DM auskamen, deckt dieser Betrag wahrscheinlich heutzutage nicht einmal die Stromkosten. Die aktuelle Produktion der 62. Spielsaison hat ein Budget von ca. 4,1 Millionen Euro (8.018.903,- DM). Schon 1952 besuchten fast 100.000 Menschen die Aufführungen, derzeit ist es ungefähr die dreifache Menge, wobei 2009 mit "Der Schatz im Silbersee" der Besucherrekord mit 320.000 Gästen pro Saison aufgestellt wurde. Im Jahre 1988, als Pierre Brice das erste Mal den Winnetou gab, löste dies einen Besucheransturm aus, der die Zuschauerzahlen rapide um 100.000 nach oben schnellen ließ. Als Brice die Segeberger Bühne vier Jahre später wieder verließ, brachen die Besucherzahlen ebenso dramatisch wieder ein (Besucherzahlen gem. Wikipedia).
Seit nunmehr 30 Jahren führt die Kalkberg GmbH die Geschäfte, und rund um das Theater wurde eine gigantische Marketing- und Merchandising- Maschine aufgebaut, wo es inzwischen jeden erdenklichen Kitsch und Klischeegedöns aller Art zu erwerben gibt. Einen Besuch dieser Abverkaufsstellen haben wir uns erspart. Der Besuch der Veranstaltung ist sicherlich nicht unbedingt für Hartz IV- Emfänger empfehlenswert, beim Besuch der Redaktion dort (3 Erwachsene, 2 Kinder) kamen wir auf einen Eintrittspreis von insges. € 118,- zzgl. Vorverkaufsgebühr, & Anreise. Ein satter Aufruf für 2 Stunden Theater im Freien. Eine Ermäßigung für Behinderte oder einkommensschwache Personen weist die Preisübersicht der Betreibergesellschaft nicht aus, immerhin gibt es "billige Plätze" auf den oberen Rängen ab € 15,-.
Am Tag unseres Besuches der Nachmittagsvorstellung (Beginn: 15:00 Uhr) wurde Winnetou I - Blutsbrüder gespielt, das Wetter war zum Glück hervorragend, mit Sonne aus süd-/südwestlicher Richtung waren die Bedingungen optimal. Etwas mehr als die Hälfte der Sitzplätze waren belegt. Die Thematik des Stückes kennt eigentlich jeder. Aufrichtiges Greenhorn in Amerika, vermittelt im Streit der Apachen mit den Gleisbauern, lehnt sich gegen böse Bosse auf, wird von den Apachen gefangengenommen, verliebt sich in die Häuptlingstochter. Kampf mit Winnetou, Blutsbrüderschaft. Häuptling stirbt, Liebchen stirbt, Endkampf gegen Bösewicht. Finis.
Hier die wichtigsten Darsteller (bitte auf die Bilder klicken, um sie zu vergrößern):
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V.l.n.r.: (1) Winnetou, dargestellt von Jan Sosniok (2) Old Shatterhand, dargestellt von Wayne Carpenter (3) Intschu-Tschuna, dargestellt von Gojko Mitic (4) Santer, dargestellt von Joshy Peters. Außerdem: Nscho-Tschi (Sophie Wepper), Rattler (Dirc Simpson), Sam Hawkens (Mathias Engel), Tangua (Fabian Monasterios), Lord Castlepool (Frank Schröder), Smedley (Fried Wolff), Klekih-Petra (Jörg Bundschuh), u.v.a. - Regie: Norbert Schultze jr., Buch: Michael Stamp, Produktionsleitung: Stefan Tietgen
In der diesjährigen Inszenierung stehen viele alte Hasen auf der Bühne, in der Rolle des Apachenhäuptlings Intschu-Tschuna kehrte Gojko Mitic ins Ensembel zurück, der lange Jahre erfolgreich Winnetou darstellte. Auch Joshy Peters ist den Fans bekannt, er spielt seit 26 Jahren an dieser Bühne und gab u.a. lange Jahre den Old Shatterhand. Viele der Darsteller sind dem Publikum auch aus deutschen Fernsehproduktionen bekannt.
Die Aufführung selbst ist unterhaltsam, oft spannungsgeladen und der Einsatz professioneller Stuntmen und Pyrotechniker sorgt für Action und die eine oder andere Schrecksekunde. Die Handlung ist dramaturgisch auf das Wesentliche beschränkt, in kurzen Episoden wird die Geschichte auch für Nicht-Karl-May-Fans schlüssig erzählt. Besonders positiv ist die Einbeziehung der Publikumsränge in die Handlung zu bewerten. Die berittenen Umläufe und durch die Sitzreihen schleichende Indianer geben dem Stück eine sehr schöne Dynamik. Natürlich gibt es immer wieder Elemente, die ein wenig Klamauk bieten, aber die Reaktionen des Publikums zeigen, dass der Einsatz dieser etwas platteren Comedy durchaus gewünscht zu sein scheint. Immerhin ist es ja auch "frei nach Karl May", was dort geboten wird. Ebenfalls positiv erwähnenswert ist die grundsolide Technik, die Leben in das Spiel bringt, auch Bühnendekoration und Staffage sind handwerklich in Ordnung. Die am Spiel beteiligten Tiere sind allesamt bestens vorbereitet und reagieren hervorragend. Das gilt selbstverständlich auch für "den Adler" ;-)
Hier unsere Impressionen von der Nachmittags-Aufführung "Winnetou 1" am 12.07.2013
Anmerkungen für Pressekollegen: Betreut werden die Festspiele von der Firma zeitpunkte medien in Segeberg. Unsere Versuche der Kontaktaufnahme zwecks Akkreditierung blieben leider erfolglos, das Telefon war zu den üblichen Geschäftszeiten nicht besetzt. Die Bitte um Rückruf auf dem Anrufbeantworter blieb unbeantwortet. Auf dem Gelände selbst werden Pressevertreter, selbst als voll zahlende Gäste, ausgesprochen unzuvorkommend behandelt. Die Möglichkeiten, gutes Bildmaterial anzufertigen, wird eingeschränkt bzw. wird man von den jungen Leuten, die dort als "Ordner" fungieren, auf den bezahlten Platz verwiesen, man solle doch bitte von dort fotografieren. Was ein ordentlicher Presseausweis und die Freiheit der Berichterstattung ist, wissen diese jungen Leute scheinbar nicht. Da wäre ein gewisser Schulungsbedarf durchaus zu attestieren.